Finnland
Rentierherden am Straßenrand, ewige Winter, meterhoher Schnee, tanzende Nordlichter, tausende Seen und unendliche Wälder – so habe auch ich mir Finnland vorgestellt, bevor ich dort ein halbes Jahr lebte.
Betrachtet man Finnland aus der Vogelperspektive fällt eines sofort auf: Wald, so weit das Auge reicht, und unglaublich viele Seen. Drei Viertel der Landesfläche Finnlands sind bewaldet, größtenteils von Fichten, Kiefern und Birken. Da sie keine großen Ansprüche an den Untergrund haben, können sie auch den unvorstellbar eisigen Wintern trotzen. Der Boden ist bemoost, mit Flechten bedeckt und es wachsen viele Heidelbeer- und Preiselbeer-Sträucher. Ein Drittel der Landesfläche besteht aus sumpfigem Terrain. Hier führen Pfade über lange Holzplanken, von denen manche in bis zu einem Meter Höhe verlaufen.
In den Wäldern leben Bären, Wölfe, Füchse und Rentiere. Die Seen werden von vielen Vogelarten als Brutgebiet genutzt. Finnlands Nationaltier, der Braunbär (finnisch „karhu“), war in früheren Zeiten ein heiliges, wenn auch gefürchtetes Tier. Heute wird die Population auf 2.500 Bären geschätzt. Außerdem sind in den finnischen Wäldern circa 230 Wölfe und 2.100 Luchse zu Hause. Allerdings plant die finnische Regierung, die Wolfsbestände auf nur 25 Rudel zu begrenzen.
Je weiter nördlich man sich in Richtung Finnisch-Lappland bewegt (der Teil Finnlands, welcher nördlich des Polarkreises liegt), desto häufiger trifft man auf einen sehr bekannten Vertreter der finnischen Tierwelt: das Rentier. An den Straßen, vor dem Haus − sie sind praktisch überall. Jedoch sind sie keine Wildtiere, sondern vielmehr Nutztiere. Während sie den ganzen Sommer frei grasend durch Lappland ziehen, werden sie im Winter gefüttert, sobald sie nicht mehr genügend Nahrung finden.
In den Wäldern findet man unberührte Natur, Stille und Einsamkeit. Meine Kuksa, eine traditionelle Holztasse aus Lappland, erinnert mich jeden Morgen daran, dass auch wir hier in unseren Wäldern ein solches Naturerlebnis wahrnehmen können. Wir müssen uns nur darauf einlassen.
Bhutan
Versteckt im Himalaja-Gebirge liegt das Land Bhutan. Hier versuchen die Menschen im Einklang mit der Natur zu leben. Sie gehören dem Mahayana-Buddhismus an und ordnen die Landwirtschaft, die Wirtschaft und den Tourismus dem Umweltschutz unter. Bis 2030 möchte das Land eine zu 100 Prozent ökologische Landwirtschaft aufbauen und wäre damit das erste auf unserer Erde. 26 Prozent des Landes stehen bereits unter Naturschutz, das Bewusstsein für die Natur wird den Kindern schon in der Schule beigebracht.
Der ursprüngliche Wald ist in Bhutan noch intakt und besitzt die höchste Artenvielfalt weltweit. Er bedeckt etwa 70 Prozent (38.394 km²) des gebirgigen Landes. Vor allem findet man hier Eichen, Wacholdersträucher, Kiefern, Pinienbäume und Himalaja-Zedern. Der Nationalbaum ist die Zypresse. In den niedrigeren Tälern blühen im Sommer Orchideen, Magnolien, fleischfressende Pflanzen und der Blaue Mohn, die Nationalblume. Im Hochgebirge wachsen neben vielen typischen Alpenpflanzen auch viele Pflanzen, die zu Arzneien verarbeitet werden. In diesen hohen Lagen leben Schneeleoparden, Katzenbären und Wildschafe. In den gemäßigten Nadel- und Laubwäldern gibt es seltene Fasane, Kraniche, Nashornvogel-Arten, Goldlanguren und den Kleinen Panda, Leoparden, Gaure, Asiatische Elefanten, wilde Wasserbüffel und eine stabile Population des Panzernashorns. Nationaltiere sind der Rabe und das Takin, ein kuhähnliches Säugetier aus der Gruppe der Ziegenartigen.
Aufgrund seiner zentralen Lage ist Bhutan ein wichtiger Standort für die Populationen des Kleinen Pandas. Auch der kleine Kragenbär liebt die dichten Wälder mit toten Baumstümpfen und viel Bambus. Damit diese, im Osten des Himalajas heimische Art überleben kann, ist der Erhalt der Urwälder von großer Bedeutung.
Nicht nur für den Kleinen Panda, auch für den Königstiger ist Bhutan ein wichtiger Standort. Wissenschaftler wollen für die Tiere einen Schutzkorridor errichten, der von Nepal über Bhutan bis nach Malaysia reicht. Dieser würde die Wanderung zwischen den Hauptverbreitungsgebieten erleichtern und die genetische Vielfalt fördern. Weltweit gibt es weniger als 4.000 Großkatzen in freier Wildbahn, das macht sie zu einer stark gefährdeten Tierart auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN). Ihre Zahl ist in den letzten 150 Jahren auf ein Zehntel des ursprünglichen Bestandes gesunken. Durch die Schutzkorridore hofft man, dass sich ihr Bestand erholen kann.
Russland
Im größten Land unserer Erde finden sich große Artenvielfalt, Urwälder, Hochgebirge und rund ein Fünftel der weltweiten Holzreserven. Denn 45 Prozent der Landesfläche ist von Wald bedeckt. Das ist fast dreiundzwanzig Mal die Fläche Deutschlands.
In der nördlichsten Vegetationszone − der Arktischen Wüste und der Tundra −, die sich entlang der Küste des Polarmeeres erstreckt, ist nicht viel Wald zu finden. Zwischen Geröll und Gletschern ist die Flora nicht sehr vielfältig. Ausdauernde frostbeständige Gräser wachsen neben Moosen und Flechten. Hier und da entdeckt man zwischen Heidekraut, gelbem Arktischen Mohn und Rosmarin auch Zwergbirken oder Weiden. Die Arktische Wüste ist außerdem der Lebensraum von Polarfüchsen, Eulen, Schneehasen und Lemmingen sowie im Sommer von Wölfen und großen Rentierherden.
Ein bisschen weiter südlich trifft man in der Taiga schon auf mehr Bäume, darunter zum Beispiel Immergrüne wie Tannen, Zedern, Kiefern und Fichten. Dazwischen gibt es weitere Moose und Waldbeeren sowie Tiere wie Elche, Bären und Füchse.
Die südlichen Wälder werden von Eichen, Ahorn, Ulmen, Linden und ganzen Birkenhainen gebildet. Neben Seen und Bächen gibt es in Russland viele Moore. Sie umfassen 8 Prozent der Landesfläche. Übrigens: Alle Moore unserer Erde speichern doppelt so viel Kohlenstoffdioxid wie alle Wälder unserer Erde zusammen.
In den Gebirgen Russlands findet sich eine ähnliche Vielfalt wie in unseren Alpen wieder. Almwiesen sowie Laub- und Mischwälder prägen das Landschaftsbild. Der Westkaukasus gehört zum UNESCO-Weltnaturerbe. In seinen Gipfeln leben die seltenen Bergwisente und hier gibt es das größte Kaiseradler-Vorkommen Europas.
Syra Reese Serrano, Theresa König