„Viele Arbeiten im Wald fördern die biologische Vielfalt.“ Diesen Satz liest man auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Bäume fällen und gleichzeitig die biologische Vielfalt fördern? Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit − passt das überhaupt zusammen?
Was bedeutet nachhaltige Forstwirtschaft?
Nachhaltige Forstwirtschaft legt bei der Bewirtschaftung und Nutzung der Wälder besonderen Wert darauf, dass die biologische Vielfalt, die Funktionen und die Anpassungsfähigkeit des Waldes erhalten bleiben und dabei auch anderen Ökosystemen kein Schaden zugefügt wird. Kurzum: Der Umgang mit dem Wald soll verantwortungsvoll und zukunftsorientiert erfolgen, damit künftige Generationen daraus denselben Nutzen ziehen können wie wir heute. Dennoch ist klar, dass die Nutzung und Bewirtschaftung zwangsläufig auch das Abholzen von Bäumen nach sich ziehen.
Doch wie viel Holzeinschlag ist okay?
Um diese Frage beantworten zu können, ist es zunächst wichtig zu wissen, wie viel Wald es überhaupt gibt. Bayern ist das waldreichste deutsche Bundesland. Die dritte Bundeswaldinventur 2012 hat ergeben, dass Bayerns Wälder 37 Prozent der gesamten Landesfläche bedecken. In Bayern wurden zwischen 2002 und 2012 jedes Jahr 22,3 Millionen Erntefestmeter abgeholzt. Das entspricht in etwa dem Fassungsvermögen von fast 9.000 olympischen Schwimmbecken. Hört sich nach ziemlich viel an, gibt es da überhaupt noch Wald? Ja, gibt es. Denn zeitgleich wuchsen nämlich im selben Zeitraum jährlich 24 Millionen Erntefestmeter Holz nach. Die Mengenbilanz liegt somit fast bei null. So pauschal berechnet sieht es also so aus, als ob die Abholzung von Wäldern kein großes Problem sei, wenn anscheinend nach und nach viel nachwächst. Leider ist diese Schlussfolgerung falsch.
Einen alten Baum versetzt man nicht
Ein Wald definiert sich eben nicht nur durch die Summe seiner Bäume, sondern vielmehr dadurch, dass er Lebensraum von zahlreichen Tier- und Pflanzenarten ist und zugleich als Kohlenstoffspeicher dient. Durch eine intensive Bewirtschaftung entsteht ein Mangel an wertvollen alten Waldbeständen, insbesondere beim Buchenbestand. Zwar können andere, jüngere Bäume an diesen Stellen wachsen, trotzdem fehlt den Wäldern dadurch die biologische Vielfalt. Hinzu kommt, dass in Bayern ein großer Teil des Baumbestands Schäden aufweist, was wiederum die natürlichen Funktionen des Waldes beeinträchtigt. Er kann dadurch weniger Kohlenstoff speichern und der Artenreichtum nimmt ab.
Was tut Bayern?
Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten schreibt sich trotz dieser Missstände die Nachhaltigkeit auf die Fahne. „Schützen und Nutzen auf ganzer Fläche“ heißt es in einer Broschüre für nachhaltige Landwirtschaft in Bayern. Dabei gilt jedoch gleichzeitig die Devise „Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht“. Zwar gibt es konkrete Maßnahmen, wie etwa die Förderung von Forschungsinitiativen zum Thema Klimaschutz, die Entwicklung von nachhaltigen Bewirtschaftungsformen sowie die Ausweitung erfolgreicher Initiativen auf ganz Bayern. Doch statt konsequenter Gesetze wird hier auf die Freiwilligkeit der Waldbesitzer*innen gesetzt und das wird auf Dauer nicht ausreichen.
Lea Paulig