Als großer Feind des Waldes gilt nach wie vor der Buchdrucker, ein Käfer, der zur Familie der Borkenkäfer gehört und unter anderem im Nationalpark Bayerischer Wald für große Konflikte sorgte. Kaum beachtet wird bisher allerdings ein anderes Insekt, das unseren Wald bedroht: der Asiatische Laubholzbockkäfer (ALB-Käfer).
Was hat es mit diesem Käfer auf sich?
Der ALB-Käfer hat eine lange Reise per Schiff oder Flugzeug hinter sich: Versteckt in Paletten und anderem Verpackungsholz aus Asien wurde er nach Europa eingeschleppt. Er befällt lebende Laubbäume, hauptsächlich Ahorn und Rosskastanie, und nistet sich als Larve in ihnen ein. Zwei Jahre dauert die Entwicklung von der Larve zum Käfer. In dieser Zeit frisst sich die Larve durch den Baum. Entlang ihres Fraßgangs siedeln sich Pilze an, die Fäulnis verursachen, das Holz wird dadurch morsch und Äste brechen ab. Einzelne Teile oder gar der ganze Baum sterben so ab. Auch der ausgewachsene Käfer schadet den Bäumen, weil er Blätter und die Rinde junger Äste frisst. Da der Käfer in Europa keine Fressfeinde hat, kann er sich ungehindert ausbreiten. Um das zu verhindern, wird der ALB-Käfer in Deutschland rigoros bekämpft, befallene Bäume müssen gefällt werden.
Können sich Bäume selber heilen?
Ein Baum ist ein lebendiges Lebewesen und in der Lage, gefressene Gänge wieder zu verschließen. Allerdings dauert dieser Prozess, der „Überwallung‟ heißt, viele Jahre. Da sich meist sehr viele Larven in einem Baum befinden, fehlt diesem häufig die Kraft dazu. Auch die Folgeschäden, wie Pilze oder Fäulnis, setzen dem Baum schwer zu.
Wie entdeckt man einen Befall?
Um befallene Bäume zu entdecken, müssen die Mitarbeiter der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) kreativ werden. Zum Beispiel werden Spürhunde eingesetzt, die den Käfer mit ihrer feinen Nase riechen können. Am Baum selbst zeigen centmünzengroße Trichter, dass sich hier der ALB-Käfer eingenistet haben könnte. Das Weibchen frisst sie zur Eiablage aus. Um das zu überprüfen, schneidet man aus der Rinde ein Rechteck um den Trichter heraus und schaut unter die Rinde. Die Larve des ALB frisst nämlich erst einen kleinen Hohlraum zwischen Rinde und Holz, sodass sie sich bewegen kann, bevor sie einen Gang mit bananenförmigem Eingang im Stamm anlegt.
Ein weiteres Anzeichen für einen Befall sind längliche, dünne Holzspäne in Astgabeln. Die Larve frisst sich im Stamm nach oben und produziert dabei die feinen Splitter. Nach der Verpuppung und dem Schlupf verlässt der Käfer den Baum durch ein kreisrundes, etwa ein Zentimeter großes Ausbohrloch.
Wenn du glaubst, dass du einen Asiatischen Laubholzbockkäfer oder einen befallenen Baum gesehen hast, musst du die LfL informieren. Im Idealfall schickst du ein Foto mit. Den Käfer aber bitte nicht töten, da Verwechslungen mit anderen Käfern möglich sind.
Was tun, wenn der Käfer da ist?
Wird ein Käferbefall bemerkt, greift die LfL ein: Der befallene Baum muss gefällt werden, ebenso die Bäume in der direkten Nachbarschaft. Das Holz der Bäume wird nicht verkauft, sondern gehäckselt und verbrannt, um die Käfer ein für alle Mal loszuwerden. Im weiteren Umkreis werden die Bäume intensiv beobachtet, Kletterer untersuchen die Baumkrone. Wenn die Bäume zur Pflege geschnitten werden, wird der Baumschnitt ebenfalls verbrannt. Erst wenn vier Jahre lang kein ALB-Käfer festgestellt werden kann, atmet die LfL auf und stellt die Maßnahmen ein.
Es werden so viele Bäume gefällt. Gibt es keine anderen Bekämpfungsmöglichkeiten?
Bisher gibt es leider keine Möglichkeiten, den ALB-Käfer zu bekämpfen, ohne die befallenen Bäume zu fällen. Zwar kann man die Käfer mit Lockstoffen fangen, das stört jedoch die Larven nicht. Gift kommt ebenfalls nicht in Frage, da dadurch andere Insekten und somit auch Vögel und Säugetiere in Mitleidenschaft gezogen würden. In Einzelfällen können Bäume stehengelassen werden, wenn sie als Denkmalbäume, also besonders alte oder wertvolle Bäume, ausgewiesen sind. Dies ist bei einer Gruppe von Linden in Miesbach der Fall. Ihre Krone muss sechs Mal jährlich auf Spuren des ALB-Käfers untersucht werden. Dafür werden die Kronen so weit zurückgeschnitten, dass die Kletterer bis an die äußersten Äste herankommen. Dieses sogenannte Kronen-Monitoring dauert mehrere Stunden. Es gibt also durchaus einen gewissen Spielraum, und es ist wichtig, mit Gefühl und Sachverstand zu handeln.
Derartige Maßnahmen haben in anderen Ländern bereits erfolgreich zur Ausrottung des Käfers geführt (z.B. Niederlande und Österreich). Die Bekämpfungszeit betrug dabei bis zu zwölf Jahre.
Susanne Ebeling
Foto: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)