Todmorden – dies ist zwar nicht unbedingt die erste Wahl der Namensgebung für ein Schlaraffenland – doch es ist der Name eines Incredible Edible („unglaublich essbaren“) englischen Dorfes: Einige Bürger starteten eine Initiative zur Bepflanzung öffentlicher Grünstreifen an Bushaltestellen und Verkehrsinseln mit Kräutern, Beeren, Obst und Gemüse. Vielleicht könnte das ja mal ein Anreiz sein, frühzeitig an der Bushaltestelle zu erscheinen, statt immer nur den Bus in letzter Sekunde zu erwischen …
Doch nicht nur in England, sondern auch in Deutschland gibt es Projekte des Urban Gardening. Schon welche entdeckt? Platz ist ja gerade in der Stadt Mangelware und daher teuer. Vereinzelt sieht man aber trotzdem schnuckelige Gemeinschaftsgärten, wie beispielsweise das Stadtgemüse in München (siehe Foto).
Gehts auch größer? So verlockend große brachliegende Industrieflächen auch erscheinen mögen – die Böden sind oft verseucht. Tomaten, Kürbis und Bohnen speichern zwar kaum Schadstoffe aus dem Boden – Wurzelgemüse und Kräuter dafür umso mehr. Die Gründer des Nürnberger Stadtgartens schreckt das nicht ab – sie ziehen ihre Pflanzen in Töpfen und Kisten, die sie auf den Asphalt stellen. Der Asphalt heizt sich in der Sonne auf und führt den Pflanzen zusätzliche Wärme zu.
Wenn Gemüse und Kräuter nicht reichen, gibt es in vielen Städten wie z.B. Nürnberg, München und Ingolstadt die Möglichkeit, eine Baumpatenschaft zu übernehmen. Blumensamen und einen Gärtnereigutschein gibts gratis dazu, wenn man als Baumpate die Bepflanzung und Pflege einer Baumscheibe (das Fleckchen Erde um die Stadtbäume herum) übernimmt.
So romantisch die Idee des Urban Gardening vielleicht klingen mag, ist es denn auch gesund? Die Schadstoffquellen sind zahlreich: Feinstaub, Abgase, Reifenabrieb von Autos und bleihaltige Gebäudeanstriche beispielsweise. Diese Stoffe lagern sich allerdings vor allem außen an den Blättern und Früchten an. Gründliches Waschen und das Entfernen der außen liegenden Blattschicht können daher schon viel helfen. Dichte Hecken, Sträucher oder Obstbäume als Umrandung bieten außerdem ein wenig Schutz vor der verschmutzen Luft. Manch einer flüchtet sich auch aufs Dach – die schweren Schadstoffpartikel gelangen gar nicht bis dort oben hin und die Pflanzen genießen die pralle Sonneneinstrahlung, müssen jedoch dem Wind standhalten. In das Innere der Pflanze gelangen Stoffe primär aus dem Boden heraus. Um herauszufinden, ob Belastungen in einem bestimmten Gebiet vorliegen, kann man sich zum Beispiel an das jeweilige Landesumweltamt wenden, um Messungsdaten zu erfragen. Oder man baut ein Hochbeet, sodass die Pflanzen keine Verbindung mehr zum ursprünglichen Untergrund haben.
Sind die Erträge aus dem Urban Gardening trotzdem ihre Mühe wert? Schließlich finden wir im Supermarkt perfekt aussehendes Gemüse. Doch die dafür betriebenen Monokulturen schaden der Artenvielfalt und laugen den Boden aus. Außerdem hat die Natur noch viel mehr Arten und Sorten von Obst und Gemüse zu bieten, als wir in den Läden vorfinden. Gute Gründe also, um sich selbst ans Werk zu machen. Klar, ein Garten ist mit Arbeit verbunden. Doch gemeinsam halbiert sie sich und macht gleich doppelt so viel Spaß! Warum nicht ein Schulprojekt daraus machen? Einen Gemeinschaftsgarten anlegen? Wechselnde Fruchtfolgen ausprobieren? Vielleicht auch erstmal mit einem kleinen Kräutertopf auf dem Balkon beginnen oder sich beim Vertical Gardening kreativ austoben …
Dort ernten, wo es auch konsumiert wird – die Grundidee des Urban Gardening – hält Transportwege kurz, verbannt unnötige Plastikverpackungen, wirkt der Bodenversiegelung entgegen, fördert den Erhalt der Artenvielfalt und verbessert die CO2-Bilanz des Gemüses maßgeblich. Probiert es doch selbst einmal aus!