RADikalpolitik, ja bitte!

Wenn man etwas über die CSU auf Bayernebene und insbesondere unseren werten Ministerpräsidenten in der Zeitung liest, denkt man manchmal: Ich glaube, die CSU hat‘s jetzt begriffen: Umweltschutz ist Wähler:innenwille und deshalb bemüht sie sich jetzt, eine etwas ambitioniertere Umweltpolitik zu verfolgen.

Deshalb traf es mich auch wie ein Schlag, als ich vergangenen Februar (wir erinnern uns: kurz vor dem Corona-Lockdown und kurz vor den bayerischen Kommunalwahlen) nach München fuhr und auf den CSU-Wahlplakaten Headlines prangten wie: „Ihre Stimme verhindert eine einseitige Verkehrspolitik‟ oder „Rot-Grüne RADikalpolitik bremst aus‟. Wäre ich jetzt ein:e politische:r Journalist:in der Boulevardpresse, würde ich mich genüsslich darüber auslassen, dass Söder seine Partei nicht unter Kontrolle hat. Aber so ziehe ich nur die traurige Schlussfolgerung: Die CSU hat überhaupt nichts kapiert.

Analyse eines Wahlplakates

Betrachten wir doch einmal eines der Wahlplakate genauer. Es ist eine Straße zu sehen, auf der rechten Seite ist ein Fußweg, nur leider parkt auf diesem ein großer roter Kastenwagen. Dass daran eine Mutter mit Kinderwagen oder ein Rollstuhlfahrer problemlos vorbeikommt, ist meiner Meinung nach eher unwahrscheinlich. Auf der Straße sieht die Situation keinen Deut besser aus: Löblicherweise sind zwar auf beiden Seiten rot markierte Fahrradwege angebracht. Nur leider hilft das den zwei abgebildeten Fahrradfahrenden herzlich wenig, denn der linke Fahrradweg ist komplett von Fahrzeugen zugeparkt und auf dem rechten sind ebenfalls zwei Fahrzeuge abgestellt, sodass der vordere Radfahrende wieder auf die Autospur ausweichen muss. Und direkt über seinem Kopf prangt ein Button in blau: Wieder fair sein. Zu Auto UND Fahrrad. Aus zwei Gründen ist dieser Schriftzug fast schon makaber. Zum einen hieße das ja, dass die Politik schon einmal fair zu Auto UND Fahrrad war. Wann war das bloß? Mir fallen nur gegenteilige Beispiele ein. Und zum anderen ist es in Verbindung mit der abgebildeten Verkehrssituation schon fast astreine Satire, wie sie sich kein:e Karikaturist:in besser ausdenken könnte. Ernsthaft, CSU? Das ist eurer Ansicht nach ein faires Verkehrskonzept? Wenn ungestraft Autos auf Rad- und Fußwegen parken und andere Verkehrsteilnehmer behindern dürfen? Das ist nicht fair, das ist ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung! Und ihr wollt, dass es in München künftig überall so „fair“ zugeht?

Nein danke. Da bevorzuge ich RADikalpolitik.

Warum das Ganze?

Nun fragt ihr euch vielleicht: Warum schreiben wir über so ein Thema? Die Kommunalwahlen sind beinahe ein Jahr vorbei, wenn ihr diesen Artikel lest. Tagesaktuell ist etwas anderes.

Aber trauriger Fakt ist, dass diese schreckliche CSU-Kampagne offenbar gewirkt hat. Zwar hat die CSU München massiv Stimmen einbüßen müssen, aber knapp ein Viertel der Münchner Wähler hat ihr Kreuz bei dieser Partei gemacht, bei der Partei, bei der Fairness offenbar bedeutet, dass man die Rechte anderer beschneiden darf.

Die Verkehrspolitik ist eine enorm wichtige Stellschraube für Umwelt- und Klimaschutz. Deshalb müssen wir den ÖPNV ausbauen und Fahrradfahren attraktiver machen. Wir brauchen freie Bahn für fortschrittliche Verkehrs- und Städtebaukonzepte. Die ewige Rücksichtnahme auf die Autolobby muss ein Ende haben.

Zwar ist die Kommunalwahl vorbei, aber im September bei der Bundestagswahl haben wir wieder eine Chance. Ich weiß schon, wem ich meine Stimme nicht geben werde.

Margarete Drexler