Pollution? Solution!

Mit Pop-Up-Bike-Lanes gegen die Autovorherrschaft

Wer hätte gedacht, dass Corona auch positive Auswirkungen auf unser Leben haben könnte? Zu Beginn der Corona-Krise nahm der Autoverkehr drastisch ab und sofort hat man die positiven Auswirkungen gespürt: Die Luft wurde sauberer und der Verkehrslärm ließ nach. Diese Gelegenheit haben sich Fahrradinitiativen und Umweltorganisationen nicht nehmen lassen, um Pop-Up-Bike-Lanes ins Leben zu rufen.

„Pop-Up-Bike-Lanes“ – Was soll das sein?

Pop-Up-Bike-Lanes sind temporäre Fahrradwege auf früheren Autospuren. Ziel des Ganzen ist, das Fahrradfahren im Vergleich zum Autofahren in der Innenstadt attraktiver zu gestalten. Weniger Lärm und Schadstoffbelastung und dafür mehr Sicherheit und Platz für die schwächeren Verkehrsteilnehmenden – die Vorteile sind unübersehbar. 

Wie? Autofahren nimmt Platz weg? Ich hab doch Platz hier drin…

Schon mal von Flächengerechtigkeit gehört? Wenn man sich überlegt, wie viel Platz ein Auto verbraucht (etwa die Fläche von 5 Fahrrädern), wie viele Personen durchschnittlich in diesem Auto sitzen (1,5 Personen) und wie lang es durchschnittlich an einem Tag im Weg rumsteht (23 h), kommt man schnell zu dem Schluss, dass Flächengerechtigkeit in Deutschland bisher ein Fremdwort war. In Berlin beispielsweise sind über 50 % der Verkehrsflächen ausschließlich Autos vorenthalten – knapp 20 % davon sind Parkplätze – und insgesamt nur 3 % sind für Fahrradfahrende vorgesehen.

Die Sache steht fest: Jahrzehntelang wurden die schmutzigen, lauten Autos in den Städten bevorzugt. Das soll sich nun ändern!

Wo ein Wille, da ein Radweg!

Als erstes las ich in der Zeitung von Brüssels „Vélorution”. In allen Stadtteilen innerhalb des inneren Rings hatten auf einmal Fahrradfahrende Vorrang und Autos durften nur noch 20 km/h fahren. Dann rief Greenpeace dazu auf, an verschiedenen Orten in ganz Deutschland zeitgleich Pop-Up-Bike-Lanes „aufpoppen“ zu lassen. Begeistert nahm ich die Sache in die Hand und rief zusammen mit meiner Greenpeace-Gruppe in Erlangen so eine Pop-Up-Bike-Lane ins Leben.

Doch leichter gesagt als getan, denn es war Corona und unsere Aktion (eine „Versammlung“) musste hohen Auflagen standhalten. Ich als Veranstalterin wurde zu einem Gespräch geladen, an dem nicht nur das Ordnungsamt anwesend war, sondern auch die Verkehrswacht und Vertreter der Polizeiinspektion Erlangen. Zwei Stunden später hatten wir uns endlich geeinigt. Wir dürfen einen kompletten Straßenabschnitt für Autos sperren (sowohl für fahrende als auch parkende) und ihn für maximal eine Stunde zur Fahrradstraße erklären. An der Dauer ließ sich nichts ändern – Corona-Auflagen.

Unsere „Pop-Up-Bike-Street“ war genehmigt und nach einigen Vorbereitungen konnte es losgehen. Fahrradfahrer:innen fuhren fröhlich klingelnd an uns vorbei und nutzten glücklich die gesamte Straßenbreite aus. Zuschauer versammelten sich am Straßenrand und bejubelten sie. Sogar Politiker:innen aus dem Erlanger Stadtrat tauchten auf und tauschten sich mit uns aus. Auch die Presse erschien. Die ganze Zeit über hielten uns zwei kompetente Polizisten aufgebrachte Autofahrer:innen vom Hals. Ein Erfolgserlebnis!

Eine Stunde ist keine Stunde. Oder doch nicht?

Quatsch! Mit jeder Aktion für unsere Umwelt setzen wir ein Zeichen für Klimaschutz und eine lebenswerte Zukunft. Außerdem ist man nie allein. In ganz Deutschland „poppten“ auf einmal neue Radwege auf und es gab ein großes mediales Echo. Drei Monate nach unserer Aktion wurde Erlangens erste 1,4 km lange Pop-Up-Bike-Lane von der Stadt eröffnet und derzeit prüft die Stadt außerdem noch andere Straßenabschnitte für weitere Pop-Up-Bike-Lanes.

Man weiß nie, was eine Aktion alles lostreten kann…

Clara Corpus

Quellen

https://www.heise.de/tp/news/London-Radwege-als-Wirtschaftsfoerderung-4877622.html

https://www.vcd.org/strasse-zurueckerobern/flaechengerechtigkeit/

https://www.fairkehr-magazin.de/archiv/2018/fk-05-2018/titel/flaechengerechtigkeit-in-der-stadt/

https://www.adac.de/news/bruessel-autofrei/