Mit 6000 Litern Heizöl lassen sich im Jahr 2,8 Einfamilienhäuser oder 5,3 Mietwohnungen heizen. Um diese Energiemenge mit einer Kurzumtriebsplantage zu erzeugen, benötigt man einen Hektar Land. Aber was genau sind diese Kurzumtriebsplantagen? Und haben sie tatsächlich Potenzial für die Zukunft?
In diesen Plantagen werden ganz normal Bäume gepflanzt, nur viel dichter als in einem Wald. Und alle von einer Art. Monokulturen also, im Idealfall aus einheimischen Baumarten z.B. Pappeln, Weiden und Birken, die sehr schnell wachsen und so in kurzer Zeit viel Biomasse produzieren. In der Regel werden die Pflanzen nicht sehr alt. 20 Jahre höchstens, doch bei vielen Bewirtschaftungsformen wird sogar alle vier oder alle acht Jahre gerodet. Kleine Bäume sind schließlich nicht so dick und lassen sich daher einfach mit einem rasenmäherähnlichen Gefährt abrasieren. Und danach? Dann wird das Pflanzenmaterial zu Hackschnitzeln verarbeitet. Diese können zum Heizen oder zur Stromerzeugung in Heizkraftwerken verbrannt werden.
Kurzumtriebplantagen (kurz: KUP) sind allerdings weniger wegen ihrer Effizienz als vielmehr aufgrund der ökologischen Bedeutung interessant. Im Gegensatz zu konventionellen landwirtschaftlichen Flächen werden KUPs sehr extensiv und umweltschonend bewirtschaftet. Sie tragen als Lebensraum und grüner Korridor in der Landschaft zur Erhöhung der Biodiversität bei. Eine wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2016 untersuchte das Artenvorkommen auf Ackerflächen, in Wäldern und KUPs. Sie stellte fest, dass etwa die Hälfte der im Testwald und der auf den ausgewählten Ackerflächen vorgefundenen Arten auch in den KUPs vorkamen. Außerdem wurden in den KUPs noch Arten entdeckt, die weder im Wald noch im Offenland zu finden waren. Es handelte sich dabei primär um Bewohner von Auwäldern und lichten Gehölzbiotopen. In KUPs treffen sich also Tier- und Pflanzenarten unterschiedlichster Lebensräume, was generell für Vielfalt spricht.
Einige Bewohner von Wäldern können keine größeren Distanzen in offener Landschaft überwinden. Ist ein Waldstück also von Ackerflächen umgeben, müssen sie dortbleiben. Durch die begrenzte Anzahl an Individuen findet dementsprechend nur eine geringe Durchmischung von Genen statt, sodass die Tiere langfristig weniger Möglichkeiten zur Anpassung an Veränderungen haben. Für einige dieser Arten sind KUPs waldartig genug, sodass diese, wenn sie zwei Waldstücke verknüpfen, eine wichtige Verbindung darstellen und somit zu einer größeren Durchmischung der Individuen und damit der Gene beitragen.
KUPs sind anspruchslos. Sie wachsen auch bei verhältnismäßig wenig Niederschlag, niedrigen Durchschnittstemperaturen und auf saurem Boden. Trotzdem ist es nicht immer sinnvoll, eine KUP anzulegen, z.B. wenn sie zu einer weiteren Homogenisierung der Landschaft führen. In bereits ausgeräumten, monotonen Landschaften können sie aber durchaus zur Verschönerung des Landschaftsbildes beitragen, auch wenn ihre Ästhetik etwas eigen ist. Um die Monotonie der KUPs mit ihren gleichmäßigen Baumreihen aufzuwerten, sollten artenreiche Säume am Rand der KUP angelegt und unregelmäßige Strukturen geschaffen werden. Das ist nicht nur gut fürs Auge, sondern essentiell dafür, dass die KUP ihre ökologischen Aufgaben erfüllen kann. Auch sollte Rücksicht auf die heimische Fauna des Gebiets genommen und nur abschnittsweise geerntet werden. Nicht allen Arten nutzen KUPs und in jedem Fall sollte die vor Ort vorkommende Tierwelt geschützt werden.
Ob sich KUPs großflächig durchsetzen werden, muss sich noch zeigen. Sie stellen jedenfalls eine weitere Form der Energiegewinnung dar und bilden allein dadurch von Zeit zu Zeit einen grünen Tupfer in Rapslandschaften und Solarfeldern.
Marie Braun
Quellen und zusätzliche Materialien: https://naju-bayern.de/nf20#10