Bauernregeln

Aberglaube oder Wissenschaft?

Bauernregeln? Das ist doch alles Unsinn!

„Im Juni ein Gewitterschauer macht das Herz gar froh dem Bauer!“ Wie bitte? Gewitter? Das ist doch nicht gerade gutes Wetter um „froh“ zu sein! 
Für Bauern schon. Seit Jahrtausenden ist ihre Ernte vom Wetter abhängig und damit auch das Überleben der Familie. Also bedeutet „gutes“ Wetter für einen Bauern nicht das ganze Jahr über heiße und sonnige Tage. Ein nasser April und Mai während der Aussaat, ein durchwachsener Juni und „Im Juli heiße Glut“. Nämlich dann „wird der September gut“. Im September gibt’s dann hoffentlich eine ertragreiche Ernte.

Anfänge der Vorhersagen

Die ersten Wetterregeln sind schon mehr als 2000 Jahre alt. Obwohl die Menschen damals keine modernen Messgeräte hatten, konnten sie das Wetter ziemlich gut vorhersagen. Eine der ältesten Wetterregeln heißt: “Abendrot- Gutwetterbot, Morgenrot – Schlechtwetter droht.”, die steht sogar schon in der Bibel! Die Bauern beobachteten einfach ganz genau den Himmel, die Pflanzen oder das Verhalten der Tiere und reimten sich das Wetter dann zusammen, denn so kann man’s sich besser merken.

Die genaue Erklärung

Der vor allem in Bayern wohl bekannteste Wettertag ist der Siebenschläfertag. Namensgeber ist übrigens nicht der putzige Siebenschläfer. Der 27. Juni ist ein Gedenktag für die Sieben Schläfer von Ephesus, die während der Christenverfolgung eingemauert wurden und nach der Legende dann 195 Jahre lang schliefen.

„Regnet es am Siebenschläfertag, es noch sieben Wochen regnen mag“- „Scheint am Siebenschläfer Sonne, gibt es sieben Wochen Wonne.“ Im Frühsommer beruhigt sich häufig die Wetterlage über Europa, die Zugbahnen der Hoch- und Tiefdruckgebiete bleiben dann über Wochen relativ gleich, es gibt nicht mehr den schnellen Wechsel, der zum Beispiel das unbeständige Aprilwetter ( „Der April, der macht was er will!“) ausmacht.

Nun können sich Hochdruckgebiete länger über Europa halten und damit für warme Luft und einen Himmel mit wenig Wolken sorgen, oder die Tiefdruckgebiete für Regen. Die Prognose stimmt in München tatsächlich in fast 80% der Fälle! Wenn man in Hamburg wohnt, hält sich das Wetter allerdings nur sehr selten über einen so langen Zeitraum. Denn Norddeutschland wird durch die Nähe zum Meer immer wieder von Tiefausläufern gestreift. Aus diesem Grund sind Bauernregeln so in Verruf geraten, weil Regeln, die in den Bergen entstanden sind, einfach ins flache Land übertragen wurden. Und da treffen sie natürlich nicht mehr zu.

Wissenschaft als Basis?

Aber viele Bauernregeln sind ja einfach nur Beobachtungen von physikalischen Naturereignissen, sozusagen Tatsachen. Zum Beispiel „Oktoberhimmel voller Sterne haben warme Ofen gerne“. Im Oktober klopft der Winter schon an die Türe und die Nächte werden frostig, besonders sternenklare. Denn dann kühlen die Erde und die Luft schneller ab- ganz im Gegenteil zu bedeckten Nächten. Wolken bremsen nämlich die Abstrahlung der Wärme der Erde in den Weltraum, also bleibt es nachts milder.

Oder die Regeln basieren auf Beobachtungen von Tieren: „Siehst du die Schwalben niedrig fliegen, wirst du Regenwetter kriegen“. Die hungrigen Schwalben jagen Insekten in der Luft. Wird die Luft aber feuchter und der Wind stärker, wird das den Fliegen mit ihren empfindlichen Flügeln unangenehm und sie fliegen niedriger. Und das zwingt die Schwalben natürlich, ebenfalls tief zu fliegen. Im Gegenzug sagt man „Fliegen die Schwalben in der Höh’n, kommt ein Wetter, das ist schön.“

Heutzutage verlässt sich keine Wetterstation mehr auf die als ungenau geltenden Bauernregeln. Messgeräte und Statistiken sind einfach genauer. Aber früher gab’s nun mal noch keine Thermometer und Wettervorhersagen im Fernsehen, nur die Erfahrung, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Eigentlich schade, denn bis heute gilt die Regel „Regnet es im Mai, ist der April vorbei“.

Von Julia Nestlen - 30. Juni 2013