Mit der CIPRA im Einsatz für mehr Bus und Bahn

Gedanken eines Alpenreisenden

Als internationaler Dachverband setzt sich die CIPRA seit 1952 für den Schutz und die nachhaltige Entwicklung in den Alpen ein. Als Jugendorganisation des LBV ist die NAJU Teil dieses über 100 Verbände umfassenden alpenweiten Netzwerks. Gemeinsam mit der Jugend des Deutschen Alpenvereins, der Jugendorganisation Bund Naturschutz und der Naturfreundejugend ist die NAJU im Jungen Forum der CIPRA Deutschland organisiert.

„Nächster Halt: Zürich Hauptbahnhof“, erschallt es aus dem Lautsprecher. Am Fenster zieht eine Bilderbuchlandschaft vorüber. Ich sitze im Zug. Ein Kurzurlaub hat mich in die Schweiz geführt. Die Alpenrepublik ist ein echtes Vorzeigebeispiel, was den Öffentlichen Verkehr angeht. Nicht grundlos legen die Schweizer:innen im europaweiten Vergleich die meisten Kilometer mit der Bahn zurück. Regelmäßige Verbindungen in fast jeden Winkel des Landes, perfekt abgestimmte Fahrpläne, Pünktlichkeit – es fasziniert mich immer wieder aufs Neue, wie gut die Öffis hier funktionieren.

Bei uns in Bayern leider ein gänzlich anderes Bild. Der Freistaat, der so gerne Vorreiter ist, schneidet beim Thema Öffentlicher Verkehr leider nicht besonders gut ab. „Pünktlich wie die Eisenbahn“, hat man das wirklich mal gesagt? Klingt irgendwie ironisch.

Ich scrolle durch die Nachrichten: Österreich führt ab 2021 das Klimaticket ein. Für 1.095 Euro (das entspricht 3 Euro pro Tag) kann man dann ein Jahr lang im ganzen Land unbegrenzt mit Bus und Bahn fahren. Als Inhaber des Jahrestickets für Tirol profitiere ich schon seit rund drei Jahren von einem entsprechenden Angebot auf Bundesland-Ebene. Unlängst ist es mir passiert, dass ich in München ohne Ticket in die S-Bahn gestiegen bin, so sehr bin ich es gewohnt, das Ticket schon in der Tasche zu haben.

Warum gibt es bei uns in Bayern eigentlich kein vergleichbares Ticket? Die Frage lässt mich an eine Aktion des CIPRA Jungen Forums letzten Herbst denken. Gemeinsam mit Vertreter:innen der anderen Jugendverbände des Jungen Forums sind wir unter dem #GönnDirÖffi mit Bus und Bahn entlang des Alpenrandes vom Bodensee nach Berchtesgaden gefahren. Ein zweitägiges Nahverkehrsabenteuer, das einmal mehr die Schwächen der Öffis in Bayern aufgezeigt hat. Darauf aufbauend haben wir Forderungen zur Verbesserung des Öffentlichen Verkehrs in Bayern ausgearbeitet, die wir dem bayerischen Verkehrsminister Hans Reichhart übergeben haben. Die Forderung nach einem attraktiven landesweiten Jahresticket für die Öffis stand dabei ganz oben auf der Liste.

Ticketkontrolle. Während ich mein Ticket wieder in der Geldbörse verstaue, fällt mein Blick auf die Angabe zur CO2-Ersparnis. Laut ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) habe ich durch meine Zugreise in die Schweiz gegenüber einer Autofahrt über 200 kg CO2 gespart. Ein beachtlicher Wert, wie ich finde. In Bayern wäre das schon schwieriger. Hier sind gerade einmal 50 % der Schienenkilometer elektrifiziert. Auf den restlichen Strecken sind nach wie vor Dieselloks im Einsatz. Klimaschutz sieht definitiv anders aus.

Draußen vor dem Bahnhof hält gerade ein Postauto (so werden hier in der Schweiz die Busse genannt). Coronabedingt steigen alle Fahrgäste hinten ein. Ein Ticketkauf ist nicht erforderlich, jeder hat sein Ticket bereits am Handy. Ich muss an die ewigen Warteschlangen vor den Bussen auf unserer #GönnDirÖffi-Fahrt denken. Fahrkartenkauf ist beim Oberbayernbus nach wie vor nur beim Fahrer möglich – mit Münzgeld versteht sich. Wer es wagt, einen 20-Euro-Schein zu zücken, wird schon einmal „angegrantelt“.

Ich muss zugeben, dass es mich manchmal wirklich ziemlich aufregt, wie mangelhaft der Öffentliche Verkehr bei uns ist. Aber wem schreibe ich das eigentlich? Gut, dass es Institutionen wie die CIPRA gibt, die sich für bessere Öffis stark machen. Der internationale CIPRA Jugendbeirat verfolgt beispielsweise gerade die Vision eines Alpentickets – eine Art regionalem Interrail-Pass für die Alpen. Dieses soll 7 Tage innerhalb eines Monats in allen Bussen und Bahnen in den Alpen gültig sein. Mit YOALIN (Youth Alpine Interrail) konnten wir in den vergangenen beiden Jahren zumindest jeweils 100 Jugendlichen ermöglichen, die Alpen zu einem vergleichbar günstigen Preis zu bereisen. Mit ihren Berichten und Fotos wurden sie zu den besten Botschaftern für nachhaltiges Reisen in den Alpen. Eigentlich bräuchte es viel mehr davon. Hoffen wir, dass das Ticket auch 2021 wieder zustande kommt!

In diesem Moment passiert der Zug die Grenze. Mir wird einmal mehr bewusst, wie sehr Europa mittlerweile zusammengewachsen ist. Keine Grenzkontrollen mehr, Roaming-Gebühren abgeschafft, eine gemeinsame Währung. Wie selbstverständlich arbeite ich als Grenzgänger in unserem Nachbarland Österreich und pendle wöchentlich mit dem Zug nach Deutschland. Beim Thema Öffentlicher Verkehr hinkt die europäische Einigung leider noch hinterher. Gerade in den Alpen mit ihren zahlreichen eng verzahnten Grenzen von acht Alpenstaaten und ihren unzähligen Regionen werden diese Mängel besonders deutlich. Doch wie soll sich das ändern, solange einzelne Regionen wie Bayern noch ein tariflicher Flickenteppich mit unzureichender Digitalisierung sind? Ich fange an zusammenzupacken. Inzwischen habe ich meinen Zielbahnhof fast erreicht – der Zug ist pünktlich. Es ist definitiv nicht alles schlecht beim Thema Bus und Bahn. Es gibt halt nur sehr viel Potential für Verbesserungen. Die Öffis können einen wirklich sehr entspannt ans Ziel bringen und man kann die Reisezeit mitunter sinnvoll nutzen. Dieser Artikel ist ein lebender Beweis dafür. Ich für meinen Teil fahre jedenfalls sehr gerne Bus und Bahn!

Frederik Manck

Quellen:

www.cipra.org

www.yoalin.org

Alptick, CIPRA Junges Forum, #GönnDirÖffi

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